Lernen am Modell – die sozialkognitive Lerntheorie von Alfred Bandura

Die sozialkognitive Lerntheorie von Albert Bandura (1925 – 2021) beschreibt, wie Menschen durch Beobachtung und Imitation anderer lernen. Dieses Konzept, auch Lernen am Modell genannt, spielt eine wichtige Rolle in der logopädischen Therapie, da es Therapeuten ermöglicht, ihren Klienten entsprechend der Störungsbilder neue Fähigkeiten und Verhaltensweisen zu vermitteln.

Grundprinzipien der sozialkognitiven Lerntheorie

  • Beobachtungslernen: Menschen lernen durch Beobachtung des Verhaltens anderer, sowohl in realen Situationen als auch in symbolischer Form (z.B. Videos).
  • Imitation: Beobachtetes Verhalten wird nachgeahmt, insbesondere wenn es bei einem Modell wahrgenommen wird, das als kompetent, attraktiv oder mächtig angesehen wird.
  • Verbale Instruktion: Verbale Anweisungen und Erklärungen des Logopäden unterstützen das Lernen am Modell.
  • Motivation: Die Motivation des Lernenden spielt eine wichtige Rolle beim Lernen am Modell.

 

Anwendung in der logopädischen Therapie

Lernen am Modell kann in der logopädischen Therapie auf verschiedene Weise eingesetzt werden, um Klienten mit unterschiedlichen Sprach- und Sprechstörungen zu unterstützen.

Beispiele:

  • Artikulationsstörungen: Der Therapeut demonstriert die korrekte Artikulation eines Lautes und der Klient imitiert diese.
  • Sprachverständnisstörungen: Der Therapeut modelliert verschiedene sprachliche Konzepte und der Klient übt die Anwendung dieser Konzepte in eigenen Sätzen.
  • Redeflussstörungen: Der Therapeut zeigt flüssiges Sprechverhalten und der Klient übt, dieses Verhalten zu imitieren.
  • Stimmstörungen: Der Therapeut demonstriert eine gesunde Stimmgebung und der Klient übt, diese Techniken anzuwenden.

Vorteile des Lernens am Modell

  • Effektive Lernmethode: Lernen am Modell ist eine schnelle und effektive Methode, um neue Fähigkeiten und Verhaltensweisen zu lernen.
  • Motivationssteigerung: Die Beobachtung von erfolgreichen Modellen kann die Motivation des Klienten erhöhen, sich selbst anzustrengen. Dies funktioniert im täglichen Leben, wo neben den Eltern oder Lehrern auch bekannte Persönlichkeiten aus den Medien als Modelle dienen können. Übertragen auf ein therapeutisches Setting muss hier der Logopäde diese Modellrolle übernehmen.
  • Angstreduktion: Die Beobachtung anderer hilft dabei, Ängste und Hemmungen abzubauen, die den Klienten daran hindern, neue Fähigkeiten auszuprobieren.
  • Förderung der Selbstwirksamkeit: Erfolgserlebnisse beim Imitationslernen können die Selbstwirksamkeit des Klienten stärken und sein Vertrauen in seine eigenen Fähigkeiten verbessern.


Herausforderungen und Grenzen

  • Komplexität des Lernmaterials: Je komplexer das Lernmaterial ist, desto schwieriger ist es für den Klienten, es durch Beobachtung zu lernen.
  • Motivation des Klienten: Der Klient muss motiviert sein, das Verhalten des Modells zu imitieren. Unter Umständen ergibt sich hier für die Logopädin eine herausfordernde Aufgabe, die Motivation extrinsisch zu unterstützen.
  • Auswahl des geeigneten Modells: Das Modell sollte kompetent, in seinem Handeln attraktiv und für den Klienten relevant sein.
  • Individuelle Unterschiede: Die Lernergebnisse können von Klient zu Klient stark variieren.

 

Kinder lernen spielerisch